Es ist uns eine Herzenssache.

Das erste Mal Oldtimer-Rallye fahren. So war es für Ilka Williams als Beifahrerin auf der HBK & CTH.

Das erste Mal Oldtimer-Rallye fahren. So war es für Ilka Williams als Beifahrerin auf der HBK & CTH.

Als ich vor zwei Monaten gefragt wurde, ob ich bei der Oldtimer Rallye Hamburg-Berlin Carstens’ Beifahrerin dabei sein möchte, habe ich nicht lange gezögert. Klar bin ich dabei! Ich habe mich schon mit Kopftuch á la Grace Kelly und großer Sonnenbrille gesehen. Das wird toll!

Dann gab Carsten mir den Hinweis, dass ich mir mal „Chinesisch für Anfänger“ ansehen sollte…und brachte mir zudem die Team-Shirts vorbei und erzählte, dass wir Wertungsprüfungen und auch geheime Prüfungen bestehen mussten. Ok, spätestens jetzt wurde mir klar, das wird anders als erwartet. Der Druck dementsprechend. Am Wochenende vor der Rallye habe ich mir online ein Roadbook angesehen und mir eine Tripmeter App geladen. Vorbereitung ist alles. Das man bei einer Oldtimer Rallye nicht vorbereitet sein kann, haben wir dann später erlebt.

Am Donnertag Morgen fahre ich zum vereinbarten Treffpunkt. Carsten und der Alfa Romeo Guiletta Sprint Veloce von 1961 erwarten mich schon. Dieses Traumauto wird uns also nach Berlin und zurückbringen und mit uns die Prüfungen meistern. Ich lotse uns durch die Stadt auf die Autobahn nach Berlin. Ganz schön sportlich unterwegs, Carsten gibt Gummi. Ich dachte eigentlich, man muss diese alten Schätzchen behutsamer fahren. Irgendwann fällt Carsten auf, dass es sich ja hier um einen Meilen-Tacho handelt und wir viel zu schnell unterwegs sind… Das kann ja heiter werden!

In der Motorworld in Berlin angekommen stellen wir auch schon gleich fest, dass wir Öl verlieren. Vom Technik-Check geht es dann auch sogleich zu den Mechanikern des AVD. Carstens’ Laune ist im Keller, ich verzieh mich mal lieber…Es wird gelötet, telefoniert und gemacht, es ist unsicher, ob wir überhaupt starten können. In solchen Momenten lässt man die Männer dann mal lieber allein. Dann endlich bekommen wir das Go für die erste Etappe bis nach Brandenburg. Carsten hat zwischenzeitlich organisiert, dass wir per Kurier eine Wasserpumpe nach Brandenburg geliefert bekommen, die abends noch eingebaut wird.

Auf geht’s. Roadbook No.1 auf dem Schoß, Stoppuhr am Handgelenk und Tripmeter am Start. Ich bin aufgeregt. Hoffentlich klappt alles. Mit dem Auto und mit mir als Navigator.

Erstmal aus Berlin raus, dann durch eine wunderschöne Landschaft bis nach Brandenburg. Das Ziel des ersten Tages war der Marktplatz von Brandenburg, welch eine Begrüßung! Ich hatte ja keine Vorstellung, wie viele Oldtimer begeisterte Menschen uns dort empfangen würden! Einmal winken wie die Queen, einmal wie ein Star fühlen!

Diese erste, kurze Etappe war perfekt, um warm zu werden. Der Alfa hat auch durchgehalten, wir haben uns nicht verfahren und die Prüfung hat unserem Gefühl nach auch geklappt. Am Abend erfahren wir, dass wir in der Gesamtwertung auf Platz 7 gelandet sind. Läuft bei uns! Während ich schon schlummere, bauen die Mechaniker des AVD die Wasserpumpe ein.

Carsten und ich treffen uns extra früher beim Frühstück, um das Roadbook des heutigen Tages durchzuarbeiten. Der Ehrgeiz ist geweckt. Eventuelle geheime Prüfungen werden gedanklich bei jeder Wertungsprüfung mit eingeplant. Wir sind bereit. Unser Ziel heute ist die Autostadt Wolfsburg. Schon gleich auf der zweiten Seite des Roadbooks setzt mein Gehirn aus. Der Pfeil an der nächsten Ampel zeigt eindeutig geradeaus, ich sage Carsten allerdings „An der nächsten Ampel rechts abbiegen…“ “Bist du sicher?“ „Ja, ganz bestimmt, steht doch hier.“ Tja und schon standen wir auf einem Sportplatz. Gut, dass es hier nicht weiterging und Carsten mich dezent auf meinen Fehler aufmerksam machte. Ohne weitere Zwischenfälle haben wir es bis zum Boxenstopp am Magdeburger Fußballstadion geschafft und uns erstmal gestärkt. Der Wettergott ist gnädig mit uns und wir rauschen mit offenen Fenstern durch die Landschaft. Die Stimmung ist gut, Carsten gibt alles, mal habe ich das Gefühl in einer Kurve gleich an einem Baum zu kleben, mal sitze ich fast auf seinem Schoß. Unterwegs stehen überall Menschen und winken uns zu. So etwas habe ich noch nie erlebt.

Ohne weitere Zwischenfälle sind wir gut an unserem Tagesziel angekommen. Den Abend lassen wir locker in der Autostadt bei einem Grillbuffet ausklingen. Einziger Wehrmutstropfen an diesem Tag: Wir sind in der Gesamtwertung auf Platz 30 gerutscht. Sind die Prüfungen meinem Fahrer wohl doch nicht so gut gelungen….

Ich falle todmüde ins Bett.

Die letzte Etappe steht an! Heute erwartet uns bei unserem Mittagsstopp am Heidepark Soltau eine ganz besondere Prüfung. Sie sieht zumindest im Roadbook sehr kompliziert aus.

Doch bevor wir dort ankommen, leiste ich mir denselben Fehler wie tags zuvor…kann man’s glauben? Gut, dass wir in der letzten Sekunde erkennen, dass man hier nicht rechts abbiegen kann, T-Straße! Wir sind guter Dinge, erlauben uns Späßchen mit unseren Verfolgern und fahren gleich zweimal durch den Kreisverkehr…doch keiner ist uns auf den Leim gegangen. Angekommen im Heidepark gibt es erstmal eine Stärkung und dann geht’s auf die Kartbahn zur vorletzten Wertungsprüfung. Zigmal sind wir die drei Strecken und Routenführung durchgegangen. Alles beginnt nach Plan. Erste Teilstrecke auf Punkt gemeistert. Dann sollte es scharf rechts in die zweite Teilstrecke gehen. Sieht gut aus, doch in letzter Sekunde reißt Carsten das Lenkrad rum und fährt geradeaus weiter! „Was machst du denn?????“ höre ich mich brüllen. Dann gibt er Vollgas, um zumindest die Zeit bis zum zweiten Stopp einzuhalten. Das war’s, Prüfung vergeigt. Ich bin sauer. Er hat sich von einem kleinen Schildchen mit einem Pfeil beirren lassen, so ist das, wenn man nicht auf die Frau hört. Jetzt verstehe ich, warum viele Paare an so einer Zusammenarbeit scheitern und getrennt zuhause ankommen.

Wir sind befreundet und reden noch miteinander.

So langsam werde ich melancholisch, je weiter der Tag voranschreitet, desto näher rückt das Ende. Unsere letzte Prüfung steht an. Jetzt geht alles schief, was schiefgehen kann. Ich muss den Buzzer drücken, Carsten startet die App falsch, eine geheime Prüfung ist integriert, ich starte hektisch die Stoppuhr, diese versagt. Völlig planlos rauschen wir durch. Nach der Wertungsprüfung heute Mittag ist eh alles egal. Das verstärkt meine traurige Stimmung. Nur noch wenige Kilometer bis Hamburg.

Wir hatten so viel Spaß, sind ein – wie ich finde – gutes Team geworden und ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt.

Ich war weit entfernt von Grace Kelly, aber ich hatte die besten drei Tage!

Müde und glücklich kommen wir in Hamburg an, feiern uns alle auf dem Süllberg und für den 18. Platz hat es dennoch gereicht…